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Reise durch Europa Teil 8

Montag, 15.02.2021, auf einer Autobahn in Budapest: Eine kleine Abordnung des WAC-Organisationsteams begibt sich im 9-Sitzer zur Puskas-Arena in Budapest, dem „neuen“ Heimstadion der Wölfe. Dort findet in drei Tagen das Europa League-Sechzehntelfinale zwischen dem WAC und Tottenham statt. Aber alles der Reihe nach.

Am 14. Dezember trifft sich die Mannschaft, das Trainer- und Betreuerteam und der Vorstand in den VIP-Räumlichkeiten der Lavanttal-Arena ein, um der Auslosung für die KO-Phase der Europa League beizuwohnen. Im Vorfeld hört man so einige Wunschgegner wie den AC Milan mit Zlatan Ibrahimovic, den englischen Rekordmeister Manchester United oder auch ein etwas leichteres Los, um die Chancen auf ein Weiterkommen zu erhöhen.
Die Spannung stieg bei allen Beteiligten, als die Live-Übertragung der UEFA begann und der Puls erhöhte sich schlagartig, als der stellvertretende UEFA-Generalsekretär Giorgio Marchetti aus der ersten Los-Kugel unseren Vereinsnamen zog. Nur wenige Sekunden später war das „Jahrhundert-Spiel“ für den WAC perfekt. Gegner im Sechzehntelfinale ist Tottenham mit Star-Trainer Jose Mourinho.
Unser Präsident Dietmar Riegler war zu diesem Zeitpunkt bereits des öfteren mit Kopfbedeckung anzutreffen. Die kalten Temperaturen in dieser Jahreszeit trugen nur mäßig dazu bei, viel mehr eine verlorene Wette unseres Präsidenten mit der Mannschaft. „Bei einem Einzug in die KO-Phase lasse ich meine Haare fallen“, so lauteten die Worte unseres Vereins-Chefs während der Gruppenphase. Alexander Kofler ließ sich nicht zweimal Bitten und so kam es, dass nur Stunden nach dem Abpfiff gegen Feyenoord, im Teamhotel bereits der Rasierer summte.

Stadionmikrofon statt Kamera? Deal!

Im Anschluss an die Auslosung startete man bereits die Vorbereitungen für das Heimspiel gegen den damaligen Premier League-Führenden im Klagenfurter Wörthersee Stadion. Doch sechs Tage vor diesem historischen Spiel erreichte dem WAC eine Hiobsbotschaft: Aufgrund der aktuellen Corona-Situation durften keine englische Teams nach Österreich einreisen und man musste ein Ersatzstadion im Ausland finden. Die Wahl fiel auf die Puskas-Arena in Budapest, wo einen Tag vor unserem Spiel auch das Champions League Duell zwischen Leipzig und Liverpool stattfand. Es stellten sich natürlich gleich einige Fragen: Wie sollte man ein fremdes Stadion innerhalb weniger Tage kennenlernen? Wo verlaufen die TV-Leitungen? Wer bedient die Videowall?
Mit Hilfe des ungarischen Verbandes und einigen Nachtschichten schaffte man es, der UEFA die Puskas-Arena am Spieltag unter Einhaltung aller Richtlinien zu übergeben. Jedoch stellte sich noch eine sehr wichtige Frage: Wer wird als Stadionsprecher fungieren?
Hier kommt unser Vereinsfotograf Paul Meyer ins Spiel, den man kurzerhand dazu überredete, seine Kamera gegen das Stadionmikrofon zu tauschen. In Zagreb bereits als Zeugwart eingesetzt, schallte seine Stimme nun bei der Sprechprobe durch das ungarische Nationalstadion. Um 18:35 Uhr präsentierte Paul mit voller Stimmgewalt und Elan die Mannschaftsaufstellung des WAC. Sein Satz: „Mit kräftigem Applaus verabschieden wir aus dem Spiel unsere Nummer 27 Michael Novak“ brachte auch die DAZN-Kommentatoren zum Schmunzeln, die in der Live-Übertragung darauf aufmerksam machten, dass in der leeren Puskas-Arena niemand klatschen könne.
Bereits zur Halbzeit führten die Gäste aus England mit 0:3 und setzten sich, trotz zweier Lattentreffer der Wölfe und dem Anschlusstreffer von Michael Liendl, schlussendlich mit 1:4 durch.

„Für mich war keine große Überredung nötig, es war klar: Wenn ich schon für den Verein vor Ort bin, dann egal auf welcher Position, Hauptsache hilfreich.
In einem Meeting mit UEFA Executives und TV Produzenten wurden mir kurz die technischen Dinge und meine Pflichten als Stadionsprecher erklärt. Im anschließenden Telefonat mit dem Stammplatzsprecher der Lavanttal-Arena, Martin Haider, wurde mir erst die wahre Aufgabe bewusst: „Mach den Jungs so Stimmung, als wären sie zu Hause am Spielfeld, nicht im unbekannten Budapest“ – alles klar, da wuchs der Druck.
Um die letzte Vorbereitung kümmerte sich Torsten, unser Zeugwart. Drei Stunden vor dem Spiel durfte ich in seinem Umkleideraum lautstark die Ansagen üben. Während ständigem Ausbessern und neu starten wurde mir klar, dass das ein 50.000 Watt verstärkter Höllenritt wird – einzige Erleichterung: 67.500 leere Sitzbänke die mir auch während dem Spiel kein Feedback gaben.“

Paul Meyer, Fotograf und „Stadionsprecher“

Warum das Rückspiel bereits sechs Tage später am Mittwoch gespielt wurde und warum unser Zeugwart Torsten Lenart im Milliardenteuren „Tottenham-Stadium“ vergebens nach dem Spielfeld gesucht hat, lest ihr in der nächsten und letzten Ausgabe von „Reise durch Europa“.

30/11/2024 17:00
Merkur Arena